Die Länder Nordrhein-Westfalen, Berlin und Brandenburg sowie die Stadt München haben am Dienstag die Impfungen mit AstraZeneca bei Menschen unter 60 Jahren bis auf Weiteres ausgesetzt. Grund dafür ist das Bekanntwerden weiterer Thrombose-Fälle im Zusammenhang mit dem Impfstoff. Am Abend wollen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder über das weitere Vorgehen mit dem Impfstoff abstimmen.
1. Stiko: AstraZeneca nur noch für über 60-Jährige
2. NRW-Unikliniken: Risiko weiterer Todesfälle zu hoch
3. Lauterbach: Vakzin muss nochmal auf den Prüfstand
Stiko: AstraZeneca nur noch für über 60-Jährige
Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) sowie die „Augsburger Allgemeine“ berichten, deutet sich zudem eine geänderte Altersempfehlung für den AstraZeneca-Impfstoff durch die Ständige Impfkommission (Stiko) an. Das Präparat soll demnach voraussichtlich nur noch für Menschen über 60 Jahre empfohlen werden. Vorwiegend bei Frauen unter 55 Jahren gab es in Deutschland bisher 31 Verdachtsfälle von Hirnvenenthrombosen im Zusammenhang mit einer AstraZeneca-Impfung. Neun davon verliefen tödlich. Im Beschlussentwurf der Impfkommission heißt es dazu: „Obwohl deutlich mehr Frauen betroffen waren, schränkt die Stiko vorsorglich ihre Empfehlung für beide Geschlechter ein“. Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci teilte mit, entsprechende Termine in den Impfzentren würden als Vorsichtsmaßnahme erst einmal abgesagt. Das Land wolle die Beratungen sowie die Stellungnahmen von Fachleuten abwarten. Neben der Stiko will am Abend auch das für die Sicherheit von Impfstoffen zuständige Paul-Ehrlich-Institut eine aktuelle Einschätzung abgeben.
NRW-Unikliniken: Risiko weiterer Todesfälle zu hoch
Paul-Ehrlich-Institut |
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Das Paul-Ehrlich-Institut wurde 1896 gegründet und hat seinen Sitz im hessischen Langen. Es ist zuständig für die Zulassung und staatliche Chargen-freigabe von Geräten der Medizintechnik, Impf-stoffen und biomedi-zinischen Arzneimitteln sowie für die Genehmigung klinischer Studien der von ihm betreuten Arzneimittel. |
Der Kreis Euskirchen hatte bereits am Montag die Verimpfung des AstraZeneca-Vakzins gestoppt, nachdem eine damit geimpfte 47-jährige Frau vergangene Woche gestorben war. Jetzt liegt dem Kreis zudem eine Meldung über eine „schwerwiegende Erkrankung“ einer 28-Jährigen vor. Beide Frauen hätten laut Kreis eine Sinusvenenthrombose erlitten. Mit Ausnahme von zwei Fällen betrafen alle bislang gemeldeten Fälle von Sinusvenenthrombosen nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts Frauen im Alter von 20 bis 63 Jahren. Die beiden Männer waren 36 und 57 Jahre alt.
Lauterbach: Vakzin muss nochmal auf den Prüfstand
Unterdessen forderte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, die AstraZeneca-Impfungen für alle Menschen unter 55 Jahren in Deutschland auf den Prüfstand zu stellen. „Es sollte aufgrund der Datenlage noch einmal geprüft werden, die Impfung mit AstraZeneca auf Menschen über 55 Jahren vorerst zu begrenzen“, sagte Lauterbach der „Rheinischen Post“. Lauterbach hatte Bundesgesundheitsminister Spahn kürzlich noch dafür kritisiert, dass dieser nach den ersten Verdachtsfällen die AstraZeneca-Impfungen bis zu einer Prüfung durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA für drei Tage ausgesetzt hatte. Laut Impfquotenmonitoring des Robert Koch-Instituts (RKI) wurden hierzulande bis einschließlich Montag etwa 2,7 Millionen Erstdosen und 767 Zweitdosen von AstraZeneca verimpft.