Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute im Streit um Musik-Sampling ein wichtiges Urteil gefällt. Wie die Richter in Luxemburg mitteilten, sei Sampling zwar ein Eingriff in die Rechte des Tonträgerproduzenten, wenn es ohne dessen Genehmigung erfolge. Die Nutzung eines Tonfragments in geänderter, beim Hören nicht wieder wiedererkennbarer Form, stelle jedoch auch ohne Zustimmung des ursprünglichen Erstellers keinen Rechtsverstoß dar, urteilte der EuGH. Vorausgegangen war der heutigen Entscheidung ein jahrzehntelanger Rechtsstreit zwischen den Elektronikmusikern Kraftwerk und dem Hip-Hop-Produzenten Moses Pelham.
1. Pelham: Hip-Hop ohne Sampling undenkbar
2. EuGH: Deutsche Urheberrechts-Ausnahme mit EU-Recht unvereinbar
Pelham: Hip-Hop ohne Sampling undenkbar
Pelham hatte 1997 eine zweisekündige Sequenz aus dem Kraftwerk-Song „Metall auf Metall“ von 1977 elektronisch kopiert und diesen in veränderter Form als Endlosschleife unter das Stück „Nur mir“ der Deutschrapperin Sabrina Setlur gelegt. Die Kraftwerk-Musiker Ralf Hütter und Florian Schneider-Esleben sahen dadurch ihre Rechte als Tonträgerhersteller verletzt und zogen vor Gericht. Die Musiker waren zunächst vor dem Bundesgerichtshof (BGH) erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht kassierte das Urteil allerdings 2016 und verwies auf das Gut der Kunstfreiheit. Es verwies den Fall zurück an den BGH, der diesen dem Europäischen Gerichtshof zur Einschätzung vorlegte. Nun geht der Fall erneut zurück an den BGH, der bei seiner neuerlichen Urteilsfindung die heutige Entscheidung des EuGH berücksichtigen muss.
Urteil |
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EuGH: Deutsche Urheberrechts-Ausnahme mit EU-Recht unvereinbar
Die Technik des Samplings sei „eine künstlerische Ausdrucksform, die unter die durch Artikel 13 der EU-Charta geschützte Freiheit der Kunst fällt“. Ein Sample in veränderter und beim Hören nicht wiedererkennbarer Form sei daher auch keine Kopie im rechtlichen Sinne. Das verwendete Fragment dürfe auch ein „Zitat“ des ursprünglichen Werkes sein. Der Künstler müsse mit diesem dann „interagieren“, so das Gericht. Die seit Anfang des 20. Jahrhunderts im deutschen Urheberrecht bestehende Ausnahme, nach der selbständige Werke, die in „freier Benutzung“ eines Werks eines Dritten geschaffen wurden, grundsätzlich ohne Zustimmung des Urhebers veröffentlicht und verwertet werden dürfen, sei hingegen mit EU-Recht nicht vereinbar. Mithilfe dieser Ausnahme konnten Künstler beispielsweise Collage aus einzelnen geschützten Werken erstellen.