Kurz vor Beginn des ersten Cum-Ex-Prozesses am Mittwoch kommender Woche vor dem Bonner Landgericht ist die Deutsche-Börse-Tochter Clearstream ins Visier der Ermittler geraten. Wie die Staatsanwaltschaft Köln mitteilte, wurden auf ihre Anweisung hin heute Räume des Unternehmens in Eschborn bei Frankfurt durchsucht. Im Rahmen „internationaler Ermittlungen in Sachen Cum-Ex“ suchten die Beamten damit bereits zum zweiten Mal in Räumen und auf Rechnern der Deutschen Börse nach belastendem Material. Ein Sprecher der Deutschen Börse sagte, man kooperiere wie schon zuvor „vollumfänglich“ mit den Behörden.
1. Mehr als zehn Milliarden Euro Schaden durch Cum-Ex-Deals
2. Erster Prozess gegen britische Banker vor Bonner Landgericht
Mehr als zehn Milliarden Euro Schaden durch Cum-Ex-Deals
Cum-Ex-Deals |
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Bei den sogenannten Cum-Ex-Geschäften ließen sich Anleger die einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden vom Finanzamt mehrfach erstatten. Dazu verschoben sie um den Stichtag der Dividendenzahlung herum untereinander Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Dividendenanspruch. Da bei Cum-Ex-Geschäften wirtschaftlicher und rechtlicher Eigentümer auseinander fallen, konnten so gleich zwei Anleger eine Bescheinigung über gezahlte Kapitalertragssteuern für dieselben Papiere und einen damit einhergehenden Anspruch auf eine Steuergutschrift erhalten. |
Im Herbst 2017 war die Deutsche Börse erstmals wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten. Rund ein halbes Jahr später wurde dann bekannt, dass gegen einen Mitarbeiter der Konzerntochter Clearstream ermittelt werde. Inzwischen sollen nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ aber weitere Beschäftigte in den Fokus der Ermittler gerückt und die Ermittlungen auf andere Konzerntöchter ausgeweitet worden sein. Steuerexperten hatten Cum-Ex-Geschäfte lange als legalen Steuertrick erachtet. Seit einigen Jahren bewerten Ermittler und Strafverfolger das Vorgehen aber fast einhellig als Steuerhinterziehung. Allein die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt in insgesamt zehn Verfahrenskomplexen, bei denen sie einen Schaden für den Fiskus in Höhe von mehr als 810 Millionen Euro vermutet. Steuerfahnder gegen davon aus, dass bis zum Jahr 2012, als die Politik eine entsprechende Gesetzeslücke schloss, dem Steuerzahler durch Cum-Ex-Geschäfte ein Gesamtschaden von mehr als zehn Milliarden Euro entstanden ist.
Erster Prozess gegen britische Banker vor Bonner Landgericht
Am 4. September beginnt in Bonn der erste deutsche Cum-Ex-Prozess gegen zwei ehemalige britische Banker der Hypovereinsbank. Später sollen sich die Angeklagten zudem mit einer Investmentfirma auf Cum-Ex-Deals spezialisiert haben. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage in 33 Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung erhoben, hinzu kommt noch ein Versuch. Der Gesamtschaden allein bei diesem Verfahren beläuft sich auf mehr als 440 Millionen Euro. Zudem müssen fünf Banken den Richtern Rede und Antwort stehen. Dazu gehören Hansainvest, M.M. Warburg, BNY Mellon sowie die Société Générale. Mit einem Urteil wird Anfang kommenden Jahres gerechnet.