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Menschenrechte: Große Koalition legt Streit um Lieferkettengesetz bei

Fast genau vier Monate vor der Bundestagswahl hat die Große Koalition am Donnerstag ihren langen Streit über das sogenannte Lieferkettengesetz beigelegt. Damit kann es nun endgültig im Bundestag beschlossen werden. „Ich bin froh, dass ich dieses wichtige Vorhaben nach harten Verhandlungen gegen massive Lobbywiderstände durchsetzen konnte“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nach dem Durchbruch. „Jetzt ist klar: Die unternehmerische Verantwortung für Menschenrechte endet nicht am Werkstor des Unternehmens“.

Einhaltung von Menschenrechten in der Lieferkette

Mitte des Monats war das Lieferkettengesetz noch in letzter Minute von der Tagesordnung des Bundestags gestrichen worden. Abgeordnete der Union sahen damals noch Diskussionsbedarf zur Unternehmenshaftung. Durch das Gesetz sollen Kinderarbeit, Ausbeutung und Naturzerstörung bei der globalen Produktion von Gütern eingedämmt werden. Unternehmen sollen dafür sorgen, dass es in ihrer gesamten Lieferkette, auch international, nicht zu Verletzungen von Menschenrechten kommt. Wird einer Firma ein Missstand bekommt, soll sie verpflichtet werden, für Abhilfe zu sorgen.

„Mir fällt ein großer Stein vom Herzen, dieses Gesetz wird Millionen von Kindern und Familien in Entwicklungsländern ein Stück bessere Lebenschancen und Zukunftsperspektiven geben. Die EU sollte die deutsche Regelung jetzt zur Grundlage eines Vorschlags zur Einhaltung der Menschenrechte in allen europäischen Lieferketten machen“, erklärte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Dieser hatte seit rund einem Jahr zusammen mit Heil am Zustandekommen des Gesetzes gearbeitet. Widerstände dagegen gab es vor allem aus der Wirtschaft und dem Bundeswirtschaftsministerium.

Mast: „Unternehmerische Verantwortung ist grenzenlos“

INFO-BOX:
Lieferkettengesetz
Den Gesetzentwurf über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten können Sie mit einem Klick auf „mehr dazu“ herunterladen (PDF).
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Das zivilgesellschaftliche Bündnis „Initiative Lieferkettengesetz“ hatte die gesetzliche Neuregelung bei internationalen Produktionswegen seit langem gefordert. Nun bekomme Deutschland das stärkste Lieferkettengesetz in Europa, so SPD-Fraktionsvize Katja Mast. „Unternehmerische Verantwortung ist grenzenlos. Die weltweite Wahrung und Achtung von Menschenrechten ist ein verpflichtender Bestandteil dieser Verantwortung“. Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe erklärte, man habe in den Verhandlungen ein gutes Ergebnis erzielt. Er erwarte dafür die Zustimmung beider Koalitionsfraktionen. „Dann ist der Weg frei für eine Beschlussfassung im Deutschen Bundestag im Juni“. Nach Angaben des CSU-Sozialpolitikers Stephan Stracke einigten sich die Fraktionen, zusätzliche zivilrechtliche Haftungsrisiken für die Unternehmen gesetzlich eindeutig auszuschließen. Die Änderung mache noch einmal deutlich, dass sich die Sorgfaltspflichten am Maßstab des konkret Möglichen und Angemessenen ausrichten müssten, sagte Gröhe.

Lieferkettengesetz soll ab 2023 gelten

Der Bundestag kommt vor der Sommerpause im Juni noch zweimal zu regulären Sitzungswochen zusammen, in denen das Lieferkettengesetz verabschiedet werden könnte. Dann folgen die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs und das Ende der Legislaturperiode. Damit sich die Firmen auf die neuen Vorgaben einstellen können, soll das Gesetz nach erfolgtem Beschluss ab 1. Januar 2023 gelten. Zunächst beschränkt sich der Geltungsbereich auf Firmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern. Ab 2024 fallen dann auch Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern unter das Gesetz. Kleinere mittelständische Unternehmen sind nicht betroffen.