Das Auslieferungsverfahren des in Großbritannien inhaftierten WikiLeaks-Gründers Julian Assange könnte bald eine Fortsetzung vor dem Supreme Court finden. Der High Court in London erlaubte dem 50-Jährigen am Montag, einen Berufungsantrag zu stellen. Assanges Verlobte Stella Moris sagte vor dem Gerichtssaal, er habe „heute vor Gericht gewonnen“. Die Entscheidung spiegele wider „was wir erreichen wollten“. Juristen sprechen hingegen von einem „Teilerfolg“. Da Assanges Anwälte keinen „direct appeal“ erreicht haben, steht es nun im Ermessen des höchsten Gerichts, ob es einen Antrag Assanges in dem Fall annimmt oder nicht.
Assange drohen in den USA 175 Jahre Haft
Damit könnte das juristische Tauziehen mit den USA um die Auslieferung Assanges weitergehen. Die US-Justiz will dem WikiLeaks-Gründer wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Bei einer Verurteilung drohen dem gebürtigen Australier bis zu 175 Jahre Haft. Assange soll gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan (unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen) gestohlen und veröffentlicht haben. Damit habe der Angeklagte das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht. Die USA bezeichnen Assange sogar als Staatsfeind. Unterstützer sehen in ihm hingegen einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen aufgedeckt hat. Assange sitzt seit mehr als zwei Jahren im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Haft.
2019 in ecuadorianischer Botschaft verhaftet
WikiLeaks |
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Die Enthüllungsplattform WikiLeaks wurde 2006 nach eigener Darstellung von Dissidenten, Journalisten, Mathematikern und Technikern von Start-up-Unternehmen aus den USA, Taiwan, Europa, Australien und Südafrika gegründet. Später wurden jedoch Zweifel an dieser Darstellung laut. Initiator und treibende Kraft in einer Gruppe von fünf Personen und diversen Unterstützern zu Beginn des Projekts war Julian Assange. |
Ein britisches Gericht hatte die Auslieferung Assanges mit Blick auf seine psychische Gesundheit zunächst untersagt. Die USA zweifelten entsprechende medizinische Gutachten jedoch an und legten erfolgreich Berufung ein. Ein Berufungsgericht hob im Dezember letzten Jahres das Auslieferungsverbot auf. Diese Entscheidung will Assange nun vor dem Supreme Court überprüfen lassen. „Dies könnte die letzte Chance sein, um Julian Assanges Auslieferung in die USA zu stoppen“, schrieb die Londoner Vertreterin der Pressefreiheitsorganisation Reporter ohne Grenzen, Rebecca Vincent, vor der Bekanntgabe der Entscheidung auf Twitter. „Was auch immer als Nächstes passiert, Großbritannien trägt auch eine rechtliche und moralische Verantwortung“. Der Fall Assange habe Konsequenzen für die Pressefreiheit in aller Welt und verdiene es, vor dem höchsten Gericht verhandelt zu werden. Sie forderte die US-Regierung zudem erneut auf, die Anklage gegen Assange fallen zu lassen.
Assange gesundheitlich schwer angeschlagen
Durch die lange Isolation und das Leben in Innenräumen ist Assange gesundheitlich schwer angeschlagen. Assanges Unterstützer argumentieren seit langem, dass der WikiLeaks-Gründer in Belmarsh unnötig schweren Haftbedingungen ausgesetzt ist. Im vergangenen Jahr soll Assange sogar einen kleinen Schlaganfall erlitten haben. „Wir sind noch weit davon entfernt, in diesem Fall Gerechtigkeit zu erreichen, weil Julian noch immer inhaftiert ist“, sagte Stella Moris nach der Verhandlung. Assange leide schwer darunter, „Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr“. Moris und Assange hatten sich in der ecuadorianischen Botschaft kennengelernt und haben einen gemeinsamen Sohn. Im November erlaubten die britischen Behörden dem Paar, im Gefängnis zu heiraten.