Das Oberlandesgericht München hat im NSU-Prozess die Höchststrafe gegen die Hauptangeklagte Beate Zschäpe verhängt. Wegen Mittäterschaft an den Morden und Gewalttaten des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) verurteilte der Senat die 43-Jährige zu lebenslanger Haft. Außerdem wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt, jedoch keine anschließende Sicherungsverwahrung ausgesprochen. Damit ist eine Haftentlassung nach 15 Jahren zwar rechtlich möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen.
1. Anklage: Zschäpe hat „alles gewusst und alles mitgetragen“
2. Revision vor dem Bundesgerichtshof erwartet
Anklage: Zschäpe hat „alles gewusst und alles mitgetragen“
Mit dem Urteilsspruch folgte das Gericht am Mittwoch dem Antrag der Bundesanwaltschaft. Der Mitangeklagte Ralf Wohlleben wurde als Waffenbeschaffer für den NSU wegen Beihilfe zum Mord zu einer Haftstrafe von 10 Jahren verurteilt. Die Mitangeklagten Holger G. und André E. wurden wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu drei Jahren bzw. zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Carsten S. erhielt wegen Beilhilfe zum Mord eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. Da er zum Zeitpunkt der Taten noch Heranwachsender war, wurde er nach Jugendstrafrecht verurteilt.
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) |
---|
Hintergründe über den NSU sowie den NSU-Prozess, die Angeklagten, die Opfer und Protokolle ausgewählter Verhandlungstage vor dem Oberlandesgericht München finden Sie mit einem Klick auf „mehr dazu“. |
Dazu gehören die neun Morde an türkisch- und griechisch-stämmigen Gewerbetreibenden, der Mord an der deutschen Polizistin Michèle Kiesewetter, zwei Bombenanschläge mit Dutzenden Verletzten sowie insgesamt 15 Raubüberfälle. 2011 setzte Zschäpe zudem die letzte Wohnung des NSU in Zwickau in Brand. Die beiden NSU-Mittäter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen sich am 4. November 2011 nach einem gescheiterten Banküberfall in Eisenach in einem Wohnmobil.
Revision vor dem Bundesgerichtshof erwartet
Beate Zschäpes Verteidiger hatten einen Freispruch ihrer Mandantin von allen Morden und Anschlägen gefordert. Die 43-Jährige sei keine Mittäterin, keine Mörderin und keine Attentäterin. Zschäpe selbst hatte schriftlich erklärt, sie habe von den Morden und Anschläge ihrer Freunde Mundlos und Böhnhardt erst im Nachhinein erfahren. Mit dem heutigen Urteil endet einer der längsten und aufwändigsten Indizienprozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte. Es wird jedoch erwartet, dass Zschäpes Verteidiger Revision gegen das Urteil des Münchner Oberlandesgerichts einlegen werden. Damit müsste dann der Bundesgerichtshof das Urteil überprüfen.