home Auto, Wirtschaft Kein E-Modell: Ford-Standort in Saarlouis vor dem Aus

Kein E-Modell: Ford-Standort in Saarlouis vor dem Aus

Der Autobauer Ford wird die Produktion in seinem Werk in Saarlouis voraussichtlich in drei Jahren einstellen. Das bestätigte die Europatochter des US-Autokonzerns am Mittwoch. Im Ford-internen Wettbewerb um die künftige Fertigung von Elektroautos hat die Fabrik im Saarland gegen die Konkurrenz aus dem spanischen Valencia verloren. In Saarlouis soll noch bis 2025 das aktuelle Modell des Ford Focus vom Band rollen, dann läuft eine Beschäftigungsgarantie aus.

Landesregierung bot rund eine Milliarde Euro Subventionen

INFO-BOX:
Ford
Die Ford Motor Company geht auf eine 1903 von Henry Ford in Detroit gegründete Fabrik zurück. Mit der Einführung der Fließbandproduktion gelang Ford 1913 ein radikaler Umbruch in der neu entstehenden Autoindustrie. Ford ist heute der fünftgrößte Autohersteller und beschäftigt weltweit rund 190.000 Mitarbeiter.
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Damit gehen die Saarländer nach monatelangem Ringen, in dem der Vorstand zum großen Unmut von Beschäftigten und politisch Verantwortlichen die Werke zu einer Art internen Konkurrenzkampf und einem Wettbieten der Subventionen aufgefordert hat, als Verlierer vom Platz. „Valencia bietet vor allem aus finanzieller Sicht bessere Zukunftsperspektiven“, sagte Ford-Europachef Stuart Rowley gegenüber dem „Handelsblatt“. Das Werk habe nicht nur bei den Materialkosten und der Zulieferbasis besser abgeschnitten. Auch sei das Lohnniveau in Valencia niedriger als in Saarlouis. Die heutige Entscheidung bedeute aber nicht automatisch das Ende für den Standort. Das Unternehmen habe eine Taskforce eingerichtet, um mit der Belegschaft und der Landesregierung mögliche Zukunftsoptionen für Saarlouis zu beraten. Wie viele der rund 4.600 Stellen dabei gestrichen werden könnten, sagte Rowley nicht.

Die Landesregierung in Saarbrücken hatte sich bis zuletzt für das Werk eingesetzt. Dazu hatte man gemeinsam mit dem Bund ein Subventionspaket geschnürt, das nach Angaben von Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) näher an der Milliarde als an 500 Millionen Euro gelegen habe. Rehlinger und Wirtschaftsminister Jürgen Barke waren noch Anfang Juni in die Ford-Zentrale nach Dearborn (Michigan) geflogen, um für den Standort zu werben. Schon 1998, als es um den Auftrag für die Focus-Produktion ging, hatte die Landesregierung 100 Millionen Euro an Hilfen gezahlt. Die heutige Entscheidung des Autobauers bezeichnete die Landesregierung als „Farce“ und kündigte an, um die Arbeitsplätze in Saarlouis zu kämpfen. Für den morgigen Donnerstag ist dazu eine Sondersitzung des Landtags anberaumt.

„Belogen, betrogen und verarscht“

Auf dem Werksgelände demonstrierte hingegen am Mittwoch die Belegschaft gegen die Entscheidung. Für Markus Thal, den Betriebsratsvorsitzenden in Saarlouis, kommen die Probleme des Unternehmens nicht überraschend. Der Konzern habe sich viel zu spät um das E-Auto-Geschäft gekümmert. Im kommenden Jahr soll in Köln der erste rein batteriebetriebene Ford vom Band laufen. Bis 2026 will das Unternehmen die gesamte PKW-Flotte auf Elektrofahrzeuge oder Plug-in-Hybride umstellen. Trotz vieler Zugeständnisse und Einsparungen (allein in den vergangen drei Jahren fielen im Werk Saarlouis über 2.000 Stellen weg) wird sich die E-Auto-Zukunft von Ford woanders abspielen. „Wir wurden belogen, betrogen und verarscht. Drei Jahre hat man uns gegen die Wand laufen lassen“, so Thal verbittert.

Auch die Gewerkschaft IG Metall will sich mit allen Mitteln gegen eine mögliche Abwicklung des Standorts zur Wehr setzen. Wenn das Management nicht einlenke, werde das Unternehmen „den Widerstand eines ganzen Bundeslandes“ zu spüren bekommen, erklärte der Leiter des IG-Metall-Bezirks Mitte, Jörg Köhlinger. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht Ford in der Verantwortung für den Standort. „Ich erwarte von Ford, gemeinsam mit dem Betriebsrat zeitnah konkrete Pläne für die Zukunft des Werks in Saarlouis und seine Beschäftigten auf den Tisch zu legen“, sagte Habeck am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin.