Medizinern ist ein Durchbruch im Kampf gegen Erbkrankheiten geglückt. Forscher der Oregon Health and Science University (OHSU) ist es erstmals gelungen, defektes Erbgut aus einem menschlichen Embryo zu entfernen. In der Fachwelt wird dies als Meilenstein gefeiert, es gibt allerdings auch ethische Bedenken.
1. Genschere kann defektes Erbgut heraustrennen
2. Große Hoffnung im Kampf gegen Krebs und Aids
Genschere kann defektes Erbgut heraustrennen
In dem Experiment haben Wissenschaftler aus den USA, China und Südkorea eine menschliche Eizelle mit Spermien eines Mannes mit Herzmuskelverdickung (hypertrophe Kardiomyopathie) befruchtet. Die Krankheit wird durch ein mutiertes Gen ausgelöst und von Generation zu Generation weitergegeben. Um dennoch gesunde Embryonen zu erhalten, setzten die Forscher die Genschere Crispr-Cas9 ein, die es erlaubt, vorgegebene Gensequenzen aus dem Erbgut herauszutrennen und zu ersetzen.
Der Versuch zeigte sich gleich mehrfach erfolgreich. Von insgesamt 58 Embryonen gelang es bei 72,4 Prozent, das defekte Gen durch ein gesundes zu ersetzen. Die Nachkommen würden dementsprechend nicht an Herzmuskelverdickung leiden. Der Austausch und die hohe Heilungsrate werden von der Wissenschaftswelt als großer Erfolg angesehen, für den medizinischen Alltag ist das Verfahren aber noch nicht geeignet. Im Fachmagazin „Nature“, in dem die Ergebnisse publiziert wurden, schreiben die Forscher, die Methoden der Genom-Editierung müssten noch verfeinert werden, bevor ein klinischer Einsatz infrage kommt. Man müsse sicherstellen, dass das Verfahren keine anderen Probleme verursacht. Neue Gendefekte wurden an den Embryonen zwar nicht festgestellt, da diese nach wenigen Tagen zerstört wurden, ließ sich die Entwicklung aber nicht weiter untersuchen.
Andere Wissenschaftler fordern außerdem eine Diskussion um die ethischen Aspekte der Experimente mit menschlichen Embryonen und der Manipulation des Erbguts. Kritiker befürchten beispielsweise, dass es künftig „Designer-Babys“ geben könnte, die per Genmanipulation im Labor bestimmte Eigenschaften erhalten.
Große Hoffnung im Kampf gegen Krebs und Aids
Das verwendete Verfahren ist nicht völlig neu. Crispr-Cas9 basiert auf einer Immunreaktion von Bakterien, die Viren abwehren, indem sie deren Erbgut mithilfe eines Proteins erkennen und aus dem eigenen Genpool entfernen. Weil dieses Protein auch in anderen Zellen aktiv wird, nutzen es Forscher, um von ihnen gewünschte Gensequenzen herauszuschneiden und zu ersetzen. Diese Methode lässt sich für beliebige Veränderungen nutzen und könnte künftig auch bei anderen Krankheiten eingesetzt werden. Mediziner hoffen beispielsweise, das Immunsystem von Kranken auf die Bekämpfung von Krebszellen oder des HI-Virus programmieren zu können. Da die Forschung in diesem Bereich aber noch in den Kinderschuhen steckt, dürfte es Jahre dauern, bis Crispr-Cas9 tatsächlich in der Praxis eingesetzt wird.