home Gesundheit „Londoner Patient“: Zweiter HIV-Inifizierter gilt nach Stammzellentherapie als geheilt

„Londoner Patient“: Zweiter HIV-Inifizierter gilt nach Stammzellentherapie als geheilt

Zum zweiten Mal weltweit gilt ein HIV-Patient als geheilt. Bei dem als „Londoner Patient“ bezeichneten Erkrankten sei rund zweieinhalb Jahre nach Beendigung der Anti-HIV-Therapie kein funktionsfähiges HI-Virus mehr nachweisbar gewesen, berichtet eine Gruppe um den Mediziner Ravindra Kumar Gupta von der University of Cambridge (Großbritannien) im Fachmagazin „The Lancet HIV“. Der Patient, der neben HIV eine Blutkrebserkrankung hatte, hatte zuvor eine spezielle Stammzellenspende erhalten.

„Berliner Patient“ gilt seit 2011 als geheilt

INFO-BOX:
HI-Virus
Eine unbehandelte Infektion mit dem „Humane Immundefizienz-Virus“ (HIV) führt nach einer meist mehrjährigen Latenzphase in der Regel zu AIDS. Die Verbreitung von HIV hat sich seit Anfang der 1980er-Jahre zu einer Pandemie entwickelt, die bisher rund 39 Millionen Menschenleben gefordert hat. Ende 2014 waren weltweit etwa 37 Millionen Menschen mit HIV infiziert.
mehr dazu
Die Forscher betonen in ihrem jedoch Bericht, dass die Stammzellentherapie eine Hochrisikobehandlung sei. Diese komme für die meisten HIV-Erkrankten nicht infrage. Grundsätzlich ist eine vollständige Heilung der Krankheit bis heute nicht möglich. Mithilfe von antiretroviralen Medikamenten kann der Erreger aber in Schach gehalten und so der Ausbruch von AIDS langfristig verhindert werden. Beim Londoner Patienten, wie auch beim sogenannten Berliner Patienten Timothy Ray Braun, der seit 2011 als geheilt gilt, hatten die Ärzte das Immunsystem mit einer Stammzellentherapie neu aufgebaut. Der Stammzellenspender wies dabei eine seltene Mutation auf, die ihn immun gegen das HI-Virus macht. Sie führt dazu, dass die Zellen keinen CCR5-Rezeptor bilden. Diesen benötigen die meisten HI-Viren jedoch, um an eine Zelle anzudocken, in der sie sich vermehren könnten.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Erfolg der Stammzelltransplantation als Heilung für HIV, über den erstmals vor neun Jahren beim Berliner Patienten berichtet wurde, wiederholt werden kann“, sagt Gupta. Auch der Berliner Patient hatte eine Form von Blutkrebs und bekam Spender- und Knochenmark transplantiert. Die Wissenschaftler um Gupta untersuchten zahlreiche Flüssigkeits- und Gewebeproben des Londoner Patienten. Dabei fanden sie in einigen Proben zwar noch Teile der HI-Viren, dabei soll es sich aber um fossile DNA-Stränge handeln, die nicht zu einem vermehrungsfähigen Virus gehören. Auch viele andere Daten, etwa die stark zurückgegangene Anzahl HIV-spezifischer Antikörper wiesen darauf hin, dass das Virus aus dem Körper des Patienten verschwunden sei. „Der Londoner Patient befindet sich seit 30 Monaten in einer HIV-1-Remission ohne nachweisbares replikationskompetentes Virus. Wir schlagen vor, dass diese Ergebnisse eine HIV-1-Heilung darstellen“, schreiben die Forscher in der Studie.

„Kein intaktes Virus“ als Definition von Heilung

Allerdings sind Wissenschaftler mit dem Begriff Heilung immer sehr vorsichtig. In einem Kommentar im selben Fachmagazin stellen die beiden Medizinerinnen Jennifer Zerbato und Sharon Lewin von der University of Melbourne (Australien) dann auch die Frage, ab wann man einen Patienten generell als geheilt ansehen könne. Die Medizin wisse heute, dass die meisten Viren, die eine Anti-HIV-Therapie überstehen, defekt seien und sich nicht weiter vermehren könnten. Eine Heilung könnte so besser als „kein intaktes Virus“ definiert werden denn als „kein nachweisbares Virus“. Die Studie des Teams um Gupta sei jedoch ermutigend. Am Ende müsse aber die Zeit zeigen, ob man tatsächlich von einer Heilung sprechen könne.