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Frankfurt am Main: Strafzettel privater Dienstleister laut OLG rechtswidrig

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einer Grundsatzentscheidung die Überwachung des ruhenden Verkehrs durch „private Dienstleister“ für gesetzeswidrig erklärt. Die so ermittelten Beweise unterliegen einem absoluten Verwertungsverbot, so das OLG in einer heute veröffentlichten Mitteilung (siehe Info-Box). Alle seit 2018 in der Stadt ausgestellten Verwarnungen sind damit hinfällig. Falschparker können jetzt sogar ihr Geld zurückfordern.

Betroffene können Verwarngelder zurückfordern

Geklagt hatte ein Mann, der 2018 einen Strafzettel wegen unerlaubten Parkens im eingeschränkten Halteverbot über 15 Euro erhalten hatte. Die Verwarnung hatte nach Angaben des Gerichts der Mitarbeiter einer privaten Firma ausgestellt, die vom Frankfurter Oberbürgermeister beauftragt worden war. Der Mitarbeiter trug eine aus Sicht der Richter irreführende Uniform mit der Aufschrift „Stadtpolizei“. Das Recht, Ordnungswidrigkeiten wie Falschparken zu ahnden, obliege jedoch ausschließlich dem Staat – hier konkret der Polizei, so das Oberlandesgericht. Das staatliche Gewaltmonopol beziehe sich dabei sowohl auf den fließenden, wie auf den ruhenden Verkehr. Die Stadt hätte also ausschließlich Polizisten oder Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamts mit dem Ausstellen von Strafzetteln beauftragen dürfen. Laut OLG habe man so nach außen den „täuschende Schein der Rechtsstaatlichkeit“ aufgebaut, „um den Bürgern und Gerichten gegenüber den Eindruck polizeilicher Handlungen zu vermitteln“.

INFO-BOX:
Beschluss
OLG Frankfurt
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Auf den Einspruch des Betroffenen hin hatte das Amtsgericht Frankfurt im Juli 2018 das Verwarngeld zunächst bestätigt. Das OLG revidierte dieses Urteil nun, nachdem es im November vergangenen Jahres bereits in einer Grundsatzentscheidung geurteilt hatte, dass Städte und Gemeinden keine Bußgeldbescheide bei Geschwindigkeitskontrollen erlassen dürfen, die auf Kontrollen privater Dienstleister basieren. Allein in Frankfurt am Main wurden offiziellen Angaben zufolge im Jahr 2018 über 700.000 Parkverstöße mit einem Sanktionswert von mehr als zehn Millionen Euro geahndet. Alle Strafzettel könnten nun vor Gericht angefochten und von den Betroffenen Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden. Dafür müssen die Kläger jedoch laut „Hessenschaut“ die Verwarnung selbst, einen Überweisungsbeleg oder ein Aktenzeichen vorlegen.

Auch andere hessische Kommunen setzen Hilfspolizisten ein

Auch für andere Kommunen in Hessen hat das Urteil Signalwirkung, da nach Angaben des hessischen Innenministeriums viele Städte in dem Bundesland Leiharbeiter für die Verkehrsüberwachung einsetzen. Dafür habe man diese zu Hilfspolizeibeamten bestellt. Die Leiharbeitskräfte trügen üblicherweise entsprechende Uniformen, allerdings gebe es in einigen Städten Ausnahmen. Das Oberlandesgericht Frankfurt ist bundesweit das erste OLG, das sich mit der Frage der Zulässigkeit des Einsatzes privater Dienstleister im Bereich der Verkehrsüberwachung des ruhenden Verkehrs beschäftigt hat. An dem Urteil können sich nun auch andere Gerichte, die sich mit ähnlichen Verfahren befassen, orientieren. Nach Angaben einer Sprecherin des OLG ließ das Gericht eine Revision gegen die heutige Entscheidung nicht zu. Sie ist somit rechtskräftig.