Die Staatsanwaltschaft Köln hat ein Ermittlungsverfahren gegen Kardinal Rainer Maria Woelki eingeleitet. Untersucht werde der Vorwurf der falschen eidesstattlichen Versicherung, sagte Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn. Auslöser für die Ermittlungen sei ein an diesem Mittwoch im „Kölner Stadt-Anzeiger“ (KStA) veröffentlichtes Interview mit der ehemaligen Assistentin des Personalchefs im Erzbistum Köln, Hildegard Dahm.
Woelki schon 2015 über Vorwürfe gegen Pilz informiert
Kölner Erzbischöfe seit 1845 |
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1845-1864: J. von Geissel 1866-1885: P. Melchers 1885-1899: P. III. Krementz 1899-1902: Hubert T. Simar 1902-1912: Anton Fischer 1912-1919: F. v. Hartmann 1920-1941: Karl J. Schulte 1942-1969: Josef Frings 1969-1987: Joseph Höffner 1989-2014: J. Meisner seit 2014: Rainer M. Woelki |
Sie habe bereits im Jahr 2015 eine Excel-Liste mit 14 früheren Missbrauchstätern erstellt, darunter auch Pilz. Diese Liste habe ihr Chef zu einem Gespräch mit dem Kardinal mitgenommen. Anschließend habe sie ihren Chef gefragt, was Woelki zu der Liste gesagt habe. Darauf habe dieser geantwortet: „Das hat den Kardinal überhaupt nicht interessiert“. Sie sei daraufhin „wie versteinert“ gewesen. Es könne sein, so Dahm weiter, dass sich Woelki die Liste mit den Namen von Pilz und 13 anderen Personen nicht angeschaut habe. „Aber befasst habe ich ihn damit. Ganz eindeutig. Deshalb war ich auch so entsetzt über die Selbstdarstellung des Kardinals in der Öffentlichkeit“. Dahm war von 2013 bis 2017 im Generalvikariat – der Zentralverwaltung des Bistums – als Assistentin des Kölner Personalchefs Pfarrer Stephan Weißkopf beschäftigt. Danach übernahm sie in einem Kirchengemeindeverband die Verwaltungsleitung.
Information über Geldstrafe nicht weitergeleitet
Erst im Juni 2022 hatte das Erzbistum Köln die Missbrauchsvorwürfe gegen den 2019 verstorbenen Pilz öffentlich gemacht. Woelkis Vorgänger Joachim Kardinal Meisner hatte dem Geistlichen demnach nach einem Missbrauchsvorwurf schon 2014 eine Geldstrafe in Höhe von 4.000 Euro auferlegt und ihm den Kontakt mit Kindern und Jugendlichen ohne Anwesenheit weiterer Erwachsener untersagt. Es stellte sich jedoch heraus, dass das Erzbistum Köln diese Information pflichtwidrig nicht an das Bistum Dresden-Meißen weitergeleitet hatte, wo Pilz seit 2010 seinen Lebensabend verbrachte. Neben der Leitung des katholischen Hilfswerks „Die Sternsinger“ (2000-2010) hatte sich Pilz bundesweit einen Namen als Autor des populären geistlichen Liedes „Laudato si“ gemacht. In Köln wirkte Pilz außerdem unter anderem als Rektor in der Jugendbildungsstätte Haus Altenberg und als Diözesanjugendseelsorger.
Der Vorsitzende der Unabhängigen Aufarbeitungskommission für den sexuellen Missbrauch im Erzbistum Köln, Verfassungsrechtler Stephan Rixen, äußerte sich alarmiert über die neuesten Enthüllungen. „Wir erwarten jetzt zeitnah eine minutiöse Darstellung der Abläufe im Fall Pilz“, sagte Rixen dem KStA. Dahm sei eine „Top-Zeugin“. „Wenn es stimmt, dass eine Täterliste den Kardinal nicht interessiert hat, dann frage ich mich: Was wird in diesem Erzbistum eigentlich für ein Spiel gespielt?“ Woelki steht seit Jahren unter Druck, unter anderem wird sein Umgang mit Missbrauchsvorwürfen kritisiert. Bei Papst Franziskus hatte der Kardinal im März ein Rücktrittgesuch eingereicht. Der Papst hat bisher aber noch nicht darüber entschieden, ob er es annimmt. Das Erzbistum hat unterdessen die erneuten Vorwürfe zurückgewiesen und die Prüfung arbeitsrechtlicher Schritte gegen Dahm angekündigt.