home Panorama, Politik Reporter ohne Grenzen veröffentlicht neue Liste der „Feinde der Pressefreiheit“

Reporter ohne Grenzen veröffentlicht neue Liste der „Feinde der Pressefreiheit“

Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) führt in ihrer turnusmäßigen Liste der „Feinde der Pressefreiheit“ erstmals einen Regierungschef aus der Europäischen Union (EU) auf: den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. „Seit Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei 2010 an die Regierung gekommen sind, haben sie Ungarns Medienlandschaft Schritt für Schritt unter ihre Kontrolle gebracht“, kritisierte die Journalistenvereinigung am Montag in Berlin. Ebenfalls neu auf der Liste sind der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro, der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman und die Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam.

Ungarn: Unabhängige Medien ausgeschaltet

Die Liste umfasst insgesamt 37 Staats- und Regierungschefs. Diese verkörpern laut RSF in „besonders drastischer Weise die rücksichtslose Unterdrückung der Pressefreiheit“. Im Falle Orbans habe man die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender in der staatlichen Medienholding MTVA zentralisiert. Hierzu gehört auch Ungarns einzige Nachrichtenagentur MIT. Die regionale Presse befinde sich seit 2017 vollständig im Besitz Orban-freundlicher Unternehmer. Wichtige unabhängige Medien habe die Regierung ausgeschaltet. Ebenfalls neu aufgeführt sind der immer wieder gegen Medien hetzende brasilianische Präsident Jair Bolsonaro und der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman. Ihm wirft Reporter ohne Grenzen unter anderem wegen des Mordes an dem saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.

Asien-Pazifik-Region mit den meisten Neuzugängen

INFO-BOX:
Feindinnen und Feinde der Pressefreiheit 2021
Die vollständige Liste "Feindinnen und Feinde der Pressefreheit 2021" von Reporter ohne Grenzen können Sie mit einem Klick auf "mehr dazu" herunterladen (PDF).
mehr dazu
Die meisten Neuzugänge verzeichnet laut RSF in diesem Jahr die Region Asien-Pazifik. Hier regieren allein 13 der insgesamt 37 „Feindinnen und Feinde der Pressefreiheit“. Dazu gehört jetzt auch die Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam. „In der chinesischen Sonderverwaltungszone musste mit der Zeitung ‚Apple Daily‘ im Juni ein Symbol der Pressefreiheit ihren Betrieb einstellen“. In Osteuropa zählt Reporter ohne Grenzen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und den belarussischen Staatschef Alexander Lukaschenko hingegen schon seit mehr als 20 Jahren zu den rigorosen Feinden der Pressefreiheit.

Seit Putins Amtsantritt wurden demnach mindestens 37 Reporterinnen und Reporter wegen ihrer Arbeit ermordet. Kaum eines dieser Verbrechen wurde aufgeklärt. In Belarus unterdrücke Lukaschenko die freie Verbreitung von Informationen auf brutale Weise. Mehr als 500 Journalistinnen und Journalisten seien seit den im Sommer vergangenen Jahres begonnenen Protesten gegen die Regierung festgenommen und im Gefängnis zum Teil schwer misshandelt worden. Langjährige „Feinde der Pressefreiheit“ sind außerdem unter anderem Eritreas Präsident Isaias Afewerki, Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und Syriens Machthaber Baschar al-Assad.

Verantwortliche kommen oft straflos davon

„In allen Weltregionen sind neue Namen hinzugekommen. Ihre Unterdrückungsmethoden sind verschieden, dienen aber demselben Zweck: kritische Berichterstattung um jeden Preis zu verhindern“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Darunter leiden die Journalistinnen und Journalisten, die trotzdem mutig weiterrecherchieren, aber auch die Bevölkerung, der damit der gerade in Zeiten einer globalen Pandemie so wichtige Zugang zu unabhängigen Informationen verwehrt wird. Erschreckend ist auch, dass die Verantwortlichen trotz brutaler Verbrechen oft straflos davonkommen“. Die Organisation Reporter ohne Grenzen veröffentlicht ihre Liste der „Feindinnen und Feinde der Pressefreiheit“ seit 2001 in unregelmäßigen Abständen.