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Sensation: Renommierter Turner-Preis geht 2019 an alle vier nominierten Künstler

Der renommierte Turner-Preis (siehe auch Info-Box) geht in diesem Jahr erstmals an alle vier nominierten Künstler, die es auf die Shortlist geschafft hatten. Ausgezeichnet wurden Helen Cammock, Tai Shani, Lawrence Abu Hamdan und Oscar Murillo. Die Künstler hatten im Vorfeld die Jury in einem Brief darum gebeten, den Preis teilen zu dürfen. Sie wollten dies als Statement der „Gemeinsamkeit, Vielfalt und Solidarität“ in einer Zeit verstanden wissen, die „vom Aufstieg der Rechten und von der Erneuerung des Faschismus geprägt“ sei.

„Effigies“: Werk von Oscar Murillo galt als Favorit

INFO-BOX:
Turner-Preis
Der Turner-Preis ist die wichtigste britische Auszeichnung für moderne Kunst. Er ist nach dem englischen Maler William Turner (1775-1851) benannt und wird seit 1984 vergeben. Nominiert werden können nur Künstler, die aus Großbritannien stammen oder dort leben und arbeiten. Der Preis ist mit insgesamt 40.000 Pfund (rund 47.000 Euro) dotiert, davon erhält der Sieger 25.000 und die Platzierten jeweils 5.000 Pfund. Unter den Preisträgern sind bislang zwei Deutsche: der Fotograf Wolfgang Tillmans (2002) und die Malerin Tomma Abts (2006).
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Mit ihrer Bitte hätten sie der Jury zu denken gegeben, sagte deren Vorsitzender und Direktor der Tate Britain, Alex Farquharson, bei der Verleihung des Preises im englischen Margate. Aber es sei „sehr im Geiste des Werkes dieser Künstler, Konventionen herauszufordern, polarisierten Weltsichten zu widerstehen und andere Stimmen zu vertreten“. Die Tageszeitung „Guardian“ lobte die Entscheidung der Jury und befand, die Spielregeln zu untergraben sei das, was man von Künstlern erwarte. Damit ist es bereits das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit, dass ein renommierter Kulturpreis an mehrere Nominierte vergeben wird. Erst im Oktober wurden die beiden Schriftstellerinnen Margaret Atwood und Bernardine Evaristo gemeinsam mit dem Booker-Preis geehrt, weil sich die Jury nicht für eine von beiden entscheiden konnte.

Helen Cammock, die für einen Film über die Rolle von Frauen zu Beginn des Nordirland-Konflikts für den Preis nominiert worden war, sagte in einer anschließend vorgetragenen gemeinsamen Erklärung, die Werke der Künstler seien „inkompatibel mit dem Wettbewerb-Format, dessen Tendenz es sei, zu spalten und zu individualisieren“. Als Favorit hatte im diesjährigen Wettbewerb eigentlich der kolumbianisch-britische Künstler Oscar Murillo gegolten, der lebensgroße Figuren aus Pappmaché, sogenannte „Effigies“ schuf, die erschöpfte Arbeiter und Arbeitsmigranten darstellen sollen. Diese sind wie eine Kirchengemeinde vor einem teilweise verhangenen Fenster mit Ausblick auf das Meer auf Bänken gruppiert.

Auch dem gebürtigen Jordanier Lawrence Abu Hamdan waren Siegchancen eingeräumt worden. Hamdan hatte in Zusammenarbeit mit der Rechercheagentur „Forensic Architecture“ Menschen befragt, die in Syrien in Haft waren und dort Folter über sich ergehen lassen mussten. Sie sollten dabei erzählen, woran sie sich akustisch erinnern. Da den Gefangenen beim Verlassen ihrer Zelle stets die Augen verbunden wurden, hatten sie keine visuelle Orientierung. Hamdan versuchte im Anschluss, über die akustischen Eindrücke zu rekonstruieren, was in dem Gefängnis nahe Damaskus passierte.

Chris Ofili und Damien Hurst frühere Preisträger

Im vergangenen Jahr ging der Turner-Preis an die britische Künstlerin Charlotte Prodger. Diese wurde für ihre teilweise mit einem iPhone aufgenommenen Kurzfilme „Bridgit“ und „Stoneymollan Trail“ ausgezeichnet. Der Preis hat in seiner Historie unter anderem die Karrieren von Chris Ofili oder Damien Hurst befeuert, die in der Kunstbranche als „Young British Artists“ bekannt wurden. Die Vergabe der Auszeichnung, die die Londoner Tate Gallery organisiert, fand 2019 erstmals nicht im Tate Britain, sondern im Küstenort Margate statt. Hier sind die Werke der vier diesjährigen Preisträger auch noch bis zum 12. Januar 2020 im Turner Contemporary zu sehen.