Die Auseinandersetzungen um das „Schmähgedicht“ des TV-Satirikers Jan Böhmermann gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gehen in eine neue Runde. Wie der Berliner „Tagesspiegel“ schreibt, droht Christian Schertz, der Berliner Anwalt des TV-Moderators, Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Schreiben ans Kanzleramt mit einer Klage, sollte sie die unmittelbar nach der Ausstrahlung gemachte öffentliche Bewertung, das Gedicht sei „bewusst verletzend“ gewesen, nicht zurücknehmen. Merkel habe dabei laut Schertz eine „juristische Bewertung des Werkes meines Mandaten vorgenommen“, die einer Vorverurteilung gleichkomme. Da zu diesem Zeitpunkt das Ermittlungsverfahren gegen Böhmermann bereits eingeleitet gewesen sein, sei dieser Vorgang rechtswidrig gewesen.
1. Anwalt: Grundsatz der Gewaltenteilung verletzt
2. Rechtsstreit noch lange nicht entschieden
Anwalt: Grundsatz der Gewaltenteilung verletzt
Urteil |
---|
Weitere Informationen zum Urteil des Landgerichts Hamburg vom Februar 2017 inklusive einer ausführlichen Urteilsbegründung erhalten Sie mit einem Klick auf "mehr dazu". |
In dem Brief fordert er die Bundeskanzlerin laut „Tagesspiegel“ daher auf, innerhalb einer Woche eine Erklärung abzugeben, in der sie in der Rückschau die damals getroffene Äußerung, die „erhebliche Folgen ausgelöst“ habe, als rechtswidrig einstufen solle. Andernfalls werde er seinem Mandanten Böhmermann zur Klage raten.
Rechtsstreit noch lange nicht entschieden
Schon im Juli war bekannt geworden, dass die juristische Auseinandersetzung um das Gedicht weiter andauert. Das Hamburger Landgericht hatte Böhmermann im Februar in einem Urteil (siehe Info-Box) untersagt, weite Teile des Werks öffentlich vorzutragen, da diese Passagen das allgemeine Persönlichkeitsrecht Erdogans im Kernbereich berühren. Von den insgesamt 24 Versen darf der Satiriker daher seitdem nur noch sechs straffrei rezitieren. Sowohl Erdogans Anwalt Mustafa Kaplan wie auch Böhmermanns Rechtsbeistand Schertz hatten gegen das Urteil Berufung eingelegt. Erdogan will das Gedicht komplett verbieten lassen, während Böhmermann es ohne Einschränkungen weiterverbreiten möchte.