Altkanzler Helmut Schmidt ist tot. Dies bestätigte sein Arzt Heiner Greten gegenüber der Deutschen Presse Agentur. Der 96-Jährige verschied nach kurzer, schwerer Krankheit in seinem Haus in Hamburg-Langenhorn. Sein Zustand hatte sich seit dem Wochenende dramatisch verschlechtert.
Schmidt musste sich vor zwei Monaten nach einem Gefäßverschluss einer Operation am Bein unterziehen, von der er sich nicht mehr vollständig erholte. Zuletzt litt der SPD-Politiker an einer Infektion und war nur noch zeitweise ansprechbar. Greten hatte deshalb bereits gestern erklärt, dass eine Genesung unwahrscheinlich sei. Dennoch habe man sich auf Wunsch Schmidts dagegen entschieden, ihn in ein Krankenhaus zu verlegen.
Offizier und NS-Kritiker
Helmut Schmidt wurde 1918 in Hamburg geboren und diente während des Zweiten Weltkriegs als Offizier in der Wehrmacht, hatte aber nach eigener Aussage ein distanziertes Verhältnis zum Nationalsozialismus. Offene Kritik an der NS-Führung brachte ihm Anfang 1945 fast einen Gerichtsprozess ein, dem er nur durch Unterstützung zweier Generäle entkommen konnte. Nach Ende des Krieges trat Schmidt der SPD bei und begann ein Studium der Volkswirtschaft und Staatswissenschaften, das er 1949 als Diplom-Volkswirt beendete. Im Anschluss arbeitete er in der Verwaltung der Stadt Hamburg.
Wegbereiter der Europäischen Union
Von 1974 bis 1982 bekleidete Schmidt das Amt des Bundeskanzlers und sah sich während dieser Zeit mit dem Terrorismus der RAF und der Ölkrise konfrontiert. Gleichzeitig war er ein Befürworter des NATO-Doppelbeschlusses, der gleichermaßen dazu dienen sollte, gegenüber dem Ostblock militärische Stärke und Gesprächsbereitschaft zu signalisieren. In der Ostpolitik setzte er ebenso wie sein Vorgänger Willy Brandt auf Annäherung und gilt dank seiner guten Kontakte zum damaligen französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d’Estaing als einer der Väter des europäischen Projekts. Seine Regierungszeit endete, nachdem die von ihm geführte sozialliberale Koalition zwischen SPD und FDP aufgrund inhaltlicher Differenzen zerbrach.
In der Folgezeit arbeitete Schmidt als Mitherausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“ und schrieb selbst mehrere Bücher. Seine Meinung zu politischen Problemen war bis zuletzt gefragt, was ihn zu einem häufigen Gast in Polit-Talks machte. Dabei ließ es sich der passionierte Raucher nicht nehmen, sich auch während der Sendungen eine Zigarette anzuzünden.