home Politik Brexit: Labour-Chef Corbyn will Johnson-Pläne mit Gesetz durchkreuzen

Brexit: Labour-Chef Corbyn will Johnson-Pläne mit Gesetz durchkreuzen

Großbritannien steuert im Brexit-Drama auf eine immer größer werdende Konfrontation zu. Mit dem Ende der parlamentarischen Sommerpause wollen sich angeblich am morgigen Dienstag mehrere Abgeordnete der Konservativen auf die Seite der Opposition schlagen, um einen ungeregelten Austritt des Landes aus der EU per Gesetz zu verhindern. Angesichts dieser drohenden Revolte bestellte Premierminister Boris Johnson für Montagabend sämtliche konservative Abgeordnete zu Beratungen ein.

Opposition will Gesetz gegen No-Deal-Brexit vorlegen

INFO-BOX:
Backstop
Durch den Brexit entsteht an der Grenze zwischen Nordirland und Irland, das in der EU bleibt, eine EU-Außengrenze. An dieser historisch sensiblen Grenze will die EU auch zukünftig Grenzkontrollen vermeiden. Hier kommt der Backstop ("Rückfalllösung") ins Spiel: Dieser besagt, dass wenn die EU und Großbritannien es in einer Übergangsphase bis maximal 2022 nicht schaffen, ein gemeinsames Handelsabkommen auszuhandeln, ganz Großbritannien in der Zollunion der EU und Nordirland zusätzlich im europäischen Binnenmarkt verbleibt. Der Backstop gilt unbefristet und kann auch nicht einseitig aufgekündigt werden.
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Medienberichten zufolge soll am frühen Abend auch das Kabinett zu einer außerordentlichen Sitzung zusammentreten. Johnson hat unterdessen Rebellen aus seiner eigenen Partei mit harten Konsequenzen bis hin zum Parteiausschluss gedroht, so die Nachrichtenagentur Reuters. Auch sollen die Abweichler bei den nächsten Wahlen nicht mehr für die Konservativen antreten dürfen, sollten sie gegen den Kurs der Regierung stimmen. „Wenn sie am Dienstag nicht mit der Regierung stimmen, werden sie die Verhandlungspositionen der Regierung zerstören und Jeremy Corbyn die Kontrolle über das Parlament übergeben“, so ein Insider dem Bericht zufolge.

Am morgigen Dienstag will die Opposition ihre Pläne für ein Gesetz gegen einen EU-Austritt ohne Abkommen vorlegen. Der Brexit-Experte der Labour-Partei, Keir Starmer, stellte ein Gesetz in Aussicht, dass den Premierminister zu einer erneuten Verlängerung der Austrittsfrist zwingen soll, wenn er bis zum 31. Oktober kein Abkommen mit der EU vorweisen kann. Johnson will die EU an diesem Datum ohne Abkommen verlassen, sollte die mit Amtsvorgängerin Theresa May ausgehandelte Backstop-Regelung (siehe Info-Box) nicht aus dem Vertrag gestrichen werden. Brüssel lehnt dies ab.

Corbyn appellierte unterdessen an die Abgeordneten, einen harten Brexit zu verhindern. Dazu biete sich diese Woche möglicherweise „die letzte Chance“. Seine Partei arbeite gemeinsam mit anderen Kräften daran, „das Land wieder vom Abgrund wegzuführen“. Um ein Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit zur Abstimmung zu bringen, müssten die Abgeordneten am Dienstag die Hoheit über die Tagesordnung des Parlaments bekommen. Rund zwei Dutzend Tory-Abgeordnete haben solche Bestrebungen unterstützt. Es gilt zudem als sicher, dass Parlamentssprecher John Bercow den Antrag zulassen wird. Ob sich die Regierung bei einer Annahme des Gesetzes durch das Parlament allerdings auch an dieses hält, gilt derzeit als unsicher. Berichten zufolge erwägt Johnson in diesem Fall, Königin Elizabeth II. darum zu bitten, das Gesetz nicht in Kraft zu setzen. Brexit-Hardliner Michael Gove erklärte gegenüber der BBC, man wolle erst einmal abwarten, was in dem Gesetzentwurf steht.

Corbyn: Neuwahlen wären der beste Ausweg

Möglich ist auch, dass der Streit zumindest teilweise vor Gericht entschieden wird. Sowohl in London wie auch in Edinburgh und Belfast werden in dieser Woche Klagen gegen die von Johnson verhängte Zwangspause des Parlaments verhandelt. Corbyns Ansicht nach wären Neuwahlen der beste Ausweg aus der Krise. Durch diesen hätten die Bürger das letzte Wort in der Brexit-Entscheidung. Ein Misstrauensvotum gegen Premier Johnson liege auf dem Tisch. „Sollte es auf einen No Deal hinauslaufen, dann stehen wir für einen Verbleib in der EU. Wenn es irgendeinen anderen Deal gibt, werden wir in einem demokratischen Prozess entscheiden, welche Position wir einnehmen“, sagte der Labour-Chef.