Der ehemalige türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu ist aus der Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan ausgetreten. Dies gab Davutoglu bei einer Pressekonferenz in Ankara bekannt. Zugleich kündigte er die Gründung einer neuen Partei an. Dabei sei es sowohl eine „historische Verantwortung als auch Notwendigkeit“, eine „neue politische Bewegung aufzubauen“. Er lade jeden zur Zusammenarbeit ein, „dessen Herz für die Zukunft dieses Landes schlägt“.
1. Dissidenten kamen Parteiausschlussverfahren zuvor
2. Erdogan: „Werden sie zur Rechenschaft ziehen“
Dissidenten kamen Parteiausschlussverfahren zuvor
Ministerpräsidenten der Türkei seit 1980 |
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1980-1983: Bülend Ulusu 1983-1989: Turgut Özal 1989: Ali Bozer 1989-1991: Y. Akbulut 1991: Mesut Yilmaz 1991-1993: S. Demirel 1993: Erdal Inönü 1993-1996: Tansu Ciller 1996: Mesut Yilmaz 1996-1997: N. Erbakan 1997-1999: Mesut Yilmaz 1999-2002: Bülent Ecevit 2002-2003: Abdullah Gül 2003-2014: R. T. Erdogan 2014-2016: A. Davutoglu 2016-2018: Binali Yildirim Mit der Einführung des Präsidialsystems in der Türkei am 9. Juli 2018 wurde das Amt des Ministerpräsidenten abgeschafft. |
Mit ihren heutigen Austritten kamen die Abgeordneten einem Parteiausschlussverfahren zuvor, dass der AKP-Vorstand unter Präsident Erdogan Anfang des Monats einstimmig beschlossen hatte. Schon im Juli war der ehemalige Vize-Ministerpräsident Ali Babacan aus der Partei ausgetreten. Es hätten sich Gräben aufgetan zwischen den Grundsätzen, an die er glaube, und dem Vorgehen der Partei, schrieb Babacan damals in einem von den Medien veröffentlichten Brief. Neben Davutoglu wollen offenbar auch Babacan sowie Ex-Präsident Abdullah Gül eine neue Partei gründen oder sich einer neuen Partei anschließen. Gül gilt als Partei-Grande, ist nach Informationen der AKP-Pressestelle und nach Meinung von Experten selbst aber nicht mehr AKP-Mitglied, da er 2007 – wie damals vorgeschrieben – aus der Partei austrat, um Präsident zu werden.
Erdogan: „Werden sie zur Rechenschaft ziehen“
Türkische Medien berichten seit Monaten, dass viele Mitglieder der AKP unzufrieden mit dem Kurs von Präsident Erdogan sind. Erdogan selbst hatte mehrfach gegen die internen Widersacher gewütet. „Die Arbeit einiger Leute aus dem Inneren (der Partei) ist schwer zu schlucken“, sagte er beispielsweise Ende April bei einem Parteitreffen. „Wir werden sie zur Rechenschaft ziehen, wenn die Zeit gekommen ist“. Für den Präsidenten könnten neue Splitterparteien einen Machtverlust bedeuten. AKP-Politiker werden den Abtrünnigen vor, nur anzutreten, um Erdogans Chancen bei den nächsten Wahlen zu schmälern.