Die Europäische Zentralbank (EZB) hat als Reaktion auf die schwächelnde Konjunktur und die niedrige Inflation den Einlagenzinssatz von bisher -0,4 auf jetzt -0,5 Prozent gesenkt. Zu diesem Zinssatz können Geschäftsbanken überschüssiges Geld bei der Notenbank parken. Damit müssen Finanzinstitute zukünftig faktisch einen noch höheren Strafzins für Einlagen zahlen. Allerdings führt die Notenbank ab sofort eine zweistufige Staffelung ein, sodass nicht mehr auf alle überschüssigen Gelder Strafzinsen fällig werden.
1. Draghi-Nachfolgerin Lagarde will an bisheriger Geldpolitik festhalten
2. Politiker kritisieren Negativzinsen und Anleihekäufe
Draghi-Nachfolgerin Lagarde will an bisheriger Geldpolitik festhalten
Leitzins |
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Der Leitzins ist das zentrale Element zur Steuerung der Geldpolitik und wird von einer Zentralbank im Rahmen ihrer Geldpolitik einseitig festgelegt. Er gibt an, zu welchem Zinssatz die Zentralbank mit ange-schlossenen Banken Geschäfte abschließt. Der EZB-Leitzins erreichte sein bisheriges Maximum mit 4,75 Prozent im Oktober 2000, seit März 2016 stand er bei 0,00 Prozent. Ab Juli 2022 erfolgte wieder eine schrittweise Anhebung auf aktuell 3,00 Prozent. |
Für das laufende Jahr gehen die EZB-Ökonomen von einer Inflation von 1,2 Prozent aus. Bis das Ziel von rund zwei Prozent erreicht ist, will die EZB ihre Schlüsselzinsen auf dem aktuellen oder gar niedrigeren Niveau halten. Zinserhöhungen rücken damit in weite Ferne. Im Gegenteil: Durch den nochmals gefallenen Einlagenzins könnten höhere Kosten für Bankkunden oder Negativzinsen auf Guthaben drohen. Dauerhaft niedrige Preise bergen zudem weitere Risiken. So könnten Unternehmen und Verbraucher nötige Investitionen aufschieben – in der Hoffnung, dass es bald noch billiger wird. Eigentlich sollen die Strafzinsen die Banken dazu bewegen, ihr Geld nicht bei der Notenbank zu lagern, sondern für Kredite an Kunden und Unternehmen zu verwenden. So soll die Wirtschaft angekurbelt werden und damit auch die Inflation steigen.
Politiker kritisieren Negativzinsen und Anleihekäufe
Die Entscheidungen der EZB stießen in der Bundespolitik auf Kritik. So sagte der CSU-Politiker Hans Michelbach, die EZB verabreiche „eine noch höhere Dosis der Medizin, die schon in der Vergangenheit nicht gewirkt hat.“ Der Linken-Fraktionsvorsitzende Fabio De Masi beklagte, dass die Geldpolitik durch den Investitionsstreik der Bundesregierung überfordert sei. „Es ist schizophren, Negativzinsen zu beklagen, aber in Deutschland die schwarze Null anzubeten.“ Die EZB solle statt Unternehmensanleihen besser die Anleihen der Europäischen Investitionsbank sowie nationaler Förder- und Entwicklungsbanken kaufen, um direkt öffentliche Investitionen zu finanzieren.