home Politik, Wirtschaft Höchster Stand im wiedervereinigten Deutschland: Inflation klettert auf 7,4 Prozent

Höchster Stand im wiedervereinigten Deutschland: Inflation klettert auf 7,4 Prozent

Die Inflationsrate ist in Deutschland im April auf hohem Niveau weiter gestiegen. Die Verbraucherpreise lagen um 7,4 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Dies teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag anhand vorläufiger Berechnungen mit. Das ist der höchste Stand im wiedervereinigten Deutschland. In den alten Bundesländern gab es einen ähnlich hohen Wert zuletzt im Herbst 1981. Im März hatte die Teuerungsrate bei 7,3 Prozent gelegen.

Lindner: Kann in tiefe Krise führen

Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine waren die Preise für Energie und Rohstoffe im Vergleich zum Vorjahr drastisch gestiegen. Für Verbraucher macht sich dies unter anderem durch hohe Tank- und Heizpreise bemerkbar. Auch Nahrungsmittel verteuerten sich massiv. Darunter vor allem solche, die vom Ukraine-Krieg in besonderer Weise betroffen sind, wie Pflanzenöl oder Getreideprodukte. Bei beiden gehört die Ukraine zu den wichtigsten Erzeugerländern. Bundesfinanzminister Christian Lindner zeigte sich angesichts der hohen Inflation besorgt. „Das ist eine Belastung für viele Menschen“. Eine so hohe Teuerungsrate gefährde die Stabilität der Wirtschaft und gehe zulasten von Investitionen, sagte der FDP-Vorsitzende am Donnerstag in Berlin. Aus einer solchen wirtschaftlichen Lage könne sich eine tiefe Krise entwickeln.

Jahres-Teuerungsrate von mehr als sechs Prozent erwartet

INFO-BOX:
Inflation
Inflation bezeichnet den allgemeinen Anstieg des Preisniveaus einer Ökonomie über einen bestimmten Zeitraum. Steigt das allgemeine Preisniveau, kann jede Geldeinheit weniger Güter und Dienstleistungen kaufen. Somit stellt die Inflation den realen Wertverlust des Zahlungsmittels dar.
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Daher sollen die Bürgerinnen und Bürger entlastet werden. Der Bundestag beschloss unter anderem eine Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe für drei Monate sowie Hilfen für Familien und Geringverdiener. Einkommensteuerzahler erhalten eine einmalige Energiepauschale von 300 Euro, Empfänger von Sozialleistungen von 200 Euro. Auch das Kindergeld soll einmalig um 100 Euro steigen. Unklar ist, ob diese Hilfen die enormen Preissteigerungen tatsächlich abfedern können.

In ihren jüngsten Prognosen geben Volkswirte mit Blick nach vorne jedenfalls keine Entwarnung. Sie rechnen für das Gesamtjahr 2022 mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate von mehr als sechs Prozent in Europas größter Volkswirtschaft. Auch die Bundesregierung geht von einer durchschnittlichen Inflation in diesem Jahr von 6,1 Prozent aus.

„Die Inflation bleibt noch bis in den Herbst hinein in der jetzt erreichten Größenordnung.“ Steuersenkungen und andere Maßnahmen könnten dabei Verbraucher zwar kurzfristig entlasten, „aber am Ende muss die Europäische Zentralbank dafür sorgen, dass sich die Inflation nicht für Jahre verfestigt“, erklärte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank.

EZB-Zinswende könnte im Juli kommen

Die EZB steckt wegen der hohen Inflation jedoch in einem Dilemma. Einerseits müsste sie die Zinsen erhöhen, andererseits will sie aber die Wirtschaft im Euro-Raum wegen der Rezessionsgefahr nicht zusätzlich schwächen. Experten rechnen dennoch noch im laufenden Jahr mit einer Zinswende. EZB-Chefin Christine Lagarde sowie mehrere Mitglieder des obersten Entscheidungsgremiums der Notenbank, des EZB-Rats, schlossen in jüngsten Äußerungen eine erste Zinserhöhung im Juli dieses Jahres nicht aus.

Schon länger werfen Kritiker der EZB vor, mit ihrer Geldflut die Inflation anzuheizen. Oberstes Ziel der Notenbank sind stabile Preise bei zwei Prozent Teuerung. Mit einer Zinsanhebung könnte die EZB auf die hohe Inflation reagieren. „Der Inflationswecker klingelt schon seit einiger Zeit, die EZB hatte bisher nur immer auf die Schlummertaste gedrückt“, so Kater. „Das ist jetzt vorbei, die Zentralbank wird handeln.“ Am Mittwoch hatte Lagarde angekündigt, dass auf der nächsten Ratssitzung darüber entschieden werde.