home Panorama, Politik IQB-Bildungstrend: Leistungen von Viertklässlern brechen durch Corona-Pandemie ein

IQB-Bildungstrend: Leistungen von Viertklässlern brechen durch Corona-Pandemie ein

Die Auswirkungen der Schulschließungen während der Corona-Krise haben das Leistungsniveau von Viertklässlern in Deutschland in den Fächern Deutsch und Mathematik spürbar gesenkt. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Freitag von der Kultusministerkonferenz (KMK) der Bundesländer veröffentlichte erste Vorab-Auswertung des sogenannten IQB-Bildungstrends 2021. Es erfasst den Leistungsstand der Schülern am Ende der Grundschulzeit.

Rechtschreibung: Fast die Hälfte verfehlt Regelstandard

An fast 1.500 Schulen in ganz Deutschland wurden zwischen April und August 2021 etwa 27.000 Viertklässler in den Bereichen Mathematik, Lesen, Zuhören und Rechtschreibung getestet. Im Vergleich zur letzten Erhebung aus dem Jahr 2016 entsprachen die Kompetenzrückgänge im Lesen etwa einem Drittel. In Rechtschreibung und Mathematik einem Viertel eines Schuljahres. Verglichen mit 2011 liegen die Rückstände sogar bei rund einem halben Schuljahr.

Die Ergebnisse haben sich somit durch die Bank verschlechtert. Besonders auffällig ist dies bei der Rechtschreibung. Weniger als die Hälfte der Viertklässler (44 Prozent) erreichte hier den „Regelstandard“. Also das, was im Schnitt von den Schülerinnen und Schülern in diesem Alter erwartet wird. Fast ein Drittel (30 Prozent) verfehlte überdies den „Mindeststandard“. Die Schülerinnen und Schüler machen also so viele Rechtschreibfehler, dass sie die definierten Mindestanforderungen nicht erreichen. Beim Lesen, Zuhören und in Mathematik erreichte etwas jeder Fünfte nicht die Mindeststandards.

Ursachen: Schulschließungen, Herkunft und sozialer Status

INFO-BOX:
IQB-Bildungstrend 2021
Kurzbericht
Den Kurzbericht zu ersten Ergebnissen des IQB-Bildungstrend 2021 können Sie mit einem Klick auf „mehr dazu“ herunter-laden. Dieser enthält erste Ergebnisse für Deutschland insgesamt. Vertiefende Analysen und Ergebnisse zu den einzelnen Ländern werden im Oktober dieses Jahres im Berichtsband zum IQB-Bildungstrend 2021 publiziert.
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Die KMK sieht sich durch die Ergebnisse in ihrer Einschätzung bestätigt, dass „die Schulschließungen und Unterrichtseinschränkungen in der Corona-Zeit“ Schülerinnen und Schüler „erheblich zurückgeworfen“ hätten. Auch die Autoren der Studie vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) gehen davon aus, dass die Corona-Einschränkungen „zumindest teilweise“ verantwortlich sind. „Die ungünstigen Veränderungen in den erreichten Kompetenzen sind deutlich und sicherlich nicht unwesentlich darauf zurückzuführen, dass diese Kohorte von Kindern von den pandemiebedingten Einschränkungen betroffen war“, erklärte Petra Stanat, wissenschaftliche Leiterin des IQB.

Corona sei jedoch nicht das einzige Problem. Es sei weiter davon auszugehen, dass sich auch die weiter gewachsene Zahl von Schülerinnen und Schülern mit Migrationsgeschichte auf das Kompetenzniveau ausgewirkt habe. Ihr Anteil an der Schülerschaft sei auf 38 Prozent gestiegen, weil viele Kinder neu zugewandert seien. Bei Schülerinnen und Schülern dieser ersten Generation zeige sich ein Zusammenhang zwischen mangelnden Kompetenzen und der Zuwanderungsgeschichte besonders deutlich. Daneben seien insbesondere Kinder benachteiligt, deren Familie einen niedrigen sozioökonomischen Status hat. Auch das bestätigen Studien bereits seit Jahren. Dieser Zusammenhang habe sich zwischen der Erhebung von 2016 und den aktuellen Befunden noch einmal „signifikant verstärkt“, so die Forscher des IQB.

Prien: Corona-Aufholprogramm finanziell aufstocken

KMK-Präsidentin und Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte, die Ergebnisse zeigten, dass besonders Kinder von den pandemiebedingten Schulschließungen betroffen gewesen seien, die zu Hause weniger Unterstützung erhalten könnten. „Dies unterstreicht einmal mehr die Bedeutung von schulischem Lernen für die Bildungsgerechtigkeit“, so Prien. Die Schülerinnen und Schüler bräuchten den Präsenzunterricht in der Schule und langfristig angelegte Maßnahmen, um die pandemiebedingten Lernrückstände aufzuholen. Prien wiederholte zudem ihre Forderung an den Bund, das Corona-Aufholprogramm finanziell aufzustocken und zu verlängern. Dies hat Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) bisher abgelehnt.