home Politik Münchner Sicherheitskonferenz: US-Präsident Joe Biden will Beziehungen zu Europa kitten

Münchner Sicherheitskonferenz: US-Präsident Joe Biden will Beziehungen zu Europa kitten

Einen Monat nach Amtsantritt nimmt US-Präsident Joe Biden am Freitag erstmals an einem internationalen Gipfeltreffen teil. Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen Staats- und Regierungschef der führenden westlichen Nationen berät er in einer G7-Videokonferenz über die Bekämpfung der Corona-Pandemie. Anschließend tritt er als erster US-Präsident bei der Münchner Sicherheitskonferenz auf und wird sich bei der Online-Veranstaltung erstmals seit seinem Amtsantritt direkt an ein europäisches Publikum wenden.

Biden 1980 zum ersten Mal auf der Sicherheitskonferenz

INFO-BOX:
Münchner Sicherheitskonferenz
Die Münchner Sicherheits-konferenz wurde 1963 von Ewald-Heinrich von Kleist-Schmenzin initiiert. Sie findet seitdem einmal jährlich in München statt. Sinn und Zweck ist das Debattieren von Politikern-, Militär- und Wirtschafts-vertretern sowie Experten für sicherheitsrelevante Aspekte über aktuelle Themen der Außen- und Sicherheitspolitik. Von Kleist-Schmenzin leitete die Konferenz bis 1997. Sein Nachfolger wurde der enge Kohl-Vertraute Horst Teltschik. Seit 2009 wird die Konferenz von Wolfgang Ischinger geleitet.
mehr dazu
Bei der Münchner Sicherheitskonferenz ist Biden fast schon Stammgast. Schon vor über 40 Jahren hatte er als junger Senator für den kleinen US-Bundesstaat Delaware seine Premiere bei dem Expertentreffen, das damals vor allem den transatlantischen Beziehungen gewidmet war. Später kehrte er mehrmals als US-Vizepräsident zurück, um die Außenpolitik Barack Obamas zu erklären. Seine jetzige Mission dürfte dabei die schwerste von allen bisherigen werden. Biden muss die massiven Schäden im Verhältnis zu Europa reparieren, die sein Amtsvorgänger Donald Trump angerichtet hat. Sein Credo steht dabei bereits fest. Schon in seiner ersten außenpolitischen Rede Anfang Februar verkündete der 78-Jährige: „Amerika ist zurück!“ Diese Botschaft dürfte er nun auch direkt an die Europäer richten. Dabei will Biden nicht nur einen radikalen Kurswechsel von der „America first“-Doktrin seines Vorgängers vollziehen. Der US-Präsident benötigt auch starke Bündnisse, um Russland und China kraftvoll gegenübertreten zu können.

Kurz vor Bidens Amtsantritt hatten die EU und China ein Investitionsabkommen unterschrieben, was die neue US-Regierung irritierte. „Da ist die Biden-Regierung alles andere als froh darüber“, sagte Jeff Rathke, Präsident des American Institute of Contemporary German Studies an der Johns Hopkins Universität in Washington. „Doch bis alle Unterlagen diesbezüglich von der EU ratifiziert sind, könnte eine neue Architektur der transatlantischen Zusammenarbeit geschmiedet werden“. Weitere Themen werden die Situation im Nahen Osten sowie das Atomabkommen mit dem Iran sein. Möglicherweise könnte Biden in Aussicht stellen, wieder zu dem Abkommen zurückzukehren. Doch es wird auch Forderungen an die Verbündeten geben. „Er wird die Erwartung haben, dass Europa Amerika in wesentlichen Bereichen der Sicherheitspolitik entlastet“, so der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger. „Da sprechen wir in erster Linie über die militärische Lastenteilung“.

EU und Deutschland müssen auf Amerika zugehen

Hier könnte es schwierig für die Bundesregierung werden. Denn noch immer ist man von dem von den USA geforderten Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben, weit entfernt. Noch komplizierter dürfte die Auseinandersetzung über die Gaspipeline Nord Stream 2 werden. Statt aber nur auf Vorschläge von anderen zu warten, sollte die Bundesregierung selbst Initiativen anstoßen und sich zu mehr Verantwortung bereiterklären, forderte der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff. „Die Bundesregierung darf sich nicht länger auf dem Tatendrang des französischen Präsidenten Emmanuel Macron ausruhen“. Auch Ischinger, von 2001 bis 2006 deutscher Botschafter in den Vereinigten Staaten, äußerte sich gegenüber dem Portal „t-online“ ähnlich. Man dürfe nun nicht die Hände in den Schoß legen und hoffen, dass es Joe Biden schon richte. Die EU und auch Deutschland sollten mit eigenen konstruktiven Ideen auf Amerika zugehen.