home Technik Debranding: AVM lässt den Verkauf gebrauchter Fritz!Boxen verbieten

Debranding: AVM lässt den Verkauf gebrauchter Fritz!Boxen verbieten

Der Router-Hersteller AVM hat einem Online-Händler den Verkauf ehemals gebrandeter Fritz!Boxen gerichtlich verbieten lassen. Im Streit mit dem Händler Woog Media aus Velbert (Nordrhein-Westfalen) habe das Landgericht München I einem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben, so ein Bericht des Magazins C’t (Az.: 33 O 1703/20). Dem Bericht zufolge handelt es sich dabei um 20.000 Kabel-Router des Typs Fritz!Box 6490, die zuvor vom Kabelprovider Unitymedia an dessen Kunden vermietet worden waren. Woog Media hatte die Router für Preise um die 70 Euro angeboten, neu kostet das Modell mehr als das doppelte.

AVM: Neue Software ist „nicht zulässige Produktveränderung“

INFO-BOX:
AVM Fritz!Box
Die erste Fritz!Box wurde auf der CeBIT 2004 vorgestellt. Auf den Namen Fritz kam Hersteller AVM ("Audio Visuelles Marketing"), weil man einen nicht-technischen Namen suchte, der auch im Ausland augenzwinkernd deutsche Wertarbeit andeuten sollte. Das auf den Fritz!Boxen verwendete Betriebssystem Fritz!OS basiert auf Linux. Im Jahr 2010 dominierte AVM mit den Fritz!Boxen mit rund 70 Prozent Marktanteil den DSL-Endgerätemarkt in Deutschland. Inzwischen ist dieser Anteil auf rund 50 Prozent geschrumpft. AVM erzielte mit seinen Produkten im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 530 Millionen Euro.
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Das Problem ist für AVM jedoch nicht der Preis, sondern die Tatsache, dass Woog Media bei den angebotenen Routern die ursprüngliche Software durch eine alternative System-Software ausgetauscht hat. Diese Firmware erlaubt es, die modifizierte Fritz!Box ohne die Einschränkungen der ehemaligen Provider-Software zu nutzen. Also so, als wäre es ein für den freien Handel vorgesehenes Gerät. AVM ist jedoch der Auffassung, dass dieses „Debranding“ eine „nicht zulässige Produktveränderung“ darstellt. Bis zum Erwirken der einstweiligen Verfügung seien bereits 10.000 solcher Geräte verkauft worden. Für die einwandfreie Funktionsweise der Router könne nicht garantiert werden, außerdem bestehe ein Sicherheitsrisiko bei der Installation von Updates, so eine Sprecherin des Herstellers.

AVM beruft sich zum einen auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2004. Damals hatte ein Handy-Hersteller anderen Unternehmen untersagt, die SIM-Sperren auf den von ihnen produzierten Geräten zu entfernen. Zum anderen verweist man auf das europäische Unionsmarkenverordnung, nach der Besitzer einer Marke deren Nutzung untersagen dürfen, wenn der Zustand der Waren „nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist“.

Woog Media weist hingegen die Darstellung, dass die durchgeführte Generalüberholung der Fritz!Boxen den Zustand der Ware beeinträchtige, zurück. Die installierte freie Firmware sorge vielmehr im Gegensatz zu AVMs Vorwürfen dafür, dass die Router einwandfrei und sicher funktionierten. „Würden wir die gebrauchten Boxen mit alter Firmware und nur einer Anleitung zum Aufspielen neuer Firmware verkaufen, wäre diese Sicherheit nicht gewährleistet, weil auch mit Anleitung möglicherweise nicht sämtliche Käufer das Firmware-Update selbst durchführen könnten“, sagte Woog Media-Geschäftsführer Carlo Faber gegenüber Golem.de. Die Boxen einfach mit der ursprünglichen Unitymedia-Software zu verkaufen, kommt für Faber daher nicht infrage. Diese sei teilweise fünf Jahre alt, zudem fehlten auf vielen dieser Fritz!Boxen mehrere wichtige Updates. Der Verkauf verbiete sich so allein aus Sicherheitsgründen. Außerdem gäbe es Vorgaben der Netzbetreiber, die teilweise Mindestanforderungen an den Software-Stand stellten.

Händler müsste 20.000 Router entsorgen

Faber will sich mit Hilfe von zwei Anwaltskanzleien im nun bevorstehenden Prozess zur Wehr setzen. Sollte das Gericht auch weiterhin den Verkauf der aufbereiteten Fritz!Boxen untersagen, würde der Händler nach eigenen Angaben auf mehr als 20.000 Routern sitzen bleiben, die er dann entsorgen müsste. Zudem stünde sein gesamtes Geschäftsmodell sowie die Zukunft seiner sechs Mitarbeiter infrage. Trotz eines entsprechenden Angebots der Anwälte sei AVM im Vorfeld auch nicht auf ein Gesprächsangebot über andere Verkaufskonditionen eingegangen. Auch die Frage der Nachhaltigkeit wird vor Gericht – wenn überhaupt – nur eine untergeordnete Rolle spielen. AVM selbst sprach in seiner Stellungnahme gegenüber der C’t nur davon, dass man selbst langlebige Produkte herstelle und eine nachhaltige Update-Politik verfolge.