Die Inflation in Deutschland hat sich im Oktober weiter beschleunigt und den höchsten Stand seit 28 Jahren erreicht. Die Verbraucherpreise stiegen gegenüber dem Vorjahresmonat um 4,5 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden anhand vorläufiger Daten mit. Im Oktober 1993 hatte die Inflationsrate das letzte Mal so hoch gelegen, war danach aber wieder gesunken. Schon im September hatte die Teuerungsrate mit 4,1 Prozent die Vier-Prozent-Marke geknackt.
Hohe Energiepreise und Lieferengpässe treiben Inflation
Inflation |
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Inflation bezeichnet den allgemeinen Anstieg des Preisniveaus einer Ökonomie über einen bestimmten Zeitraum. Steigt das allgemeine Preisniveau, kann jede Geldeinheit weniger Güter und Dienstleistungen kaufen. Somit stellt die Inflation die Abnahme der Kaufkraft pro Geldeinheit dar, also den realen Wertverlust des Zahlungsmittels. Das Gegenteil der Inflation ist die Deflation (Rückgang des allgemeinen Preisniveaus). |
Hinzu kommen Materialmangel und Lieferengpässe sowie die Einführung der CO2-Abgabe zu Jahresbeginn. Hierbei sind 25 Euro je Tonne Kohlendioxid fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl oder Erdgas entsteht. Für Preisdruck sorgen zudem die weltweit steigenden Preise für bestimmte Rohstoffe und Vorprodukte der Industrie.
Und eine Besserung der Lage für die Verbraucher ist nicht in Sicht. „Der traurige Trend der immer weiter steigenden Inflationsraten hat sich leider auch im Oktober fortgesetzt und er wird auch bis zum Jahresende nicht zu stoppen sein“, sagte Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING, gegenüber der „Bild“. Er gehe davon aus, „dass wir eine Inflationsrate von fünf Prozent erreichen werden“. Erst für die erste Jahreshälfte des kommenden Jahres erwartet der Experte etwas Entspannung. Die Inflation werde sich dann auf einem Niveau zwischen zwei und drei Prozent einpendeln.
Experten fordern EZB zu Zinswende auf
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer warnte davor, die längerfristigen Inflationsrisiken kleinzureden. „Die EZB dürfte weiter einen großen Teil der Haushaltsdefizite durch den Kauf von Staatsanleihen finanzieren, wodurch zu viel Geld in Umlauf gerät. Auch die Klimapolitik und die in Gang gekommene De-Globalisierung sprechen für steigende Inflationsrisiken“. Krämer forderte daher ein Ende der ultralockeren EZB-Geldpolitik. Ähnlich sieht dies die Chefökonomin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler. „Für 2022 erwarte ich, dass sich die Inflation schrittweise zurückbildet und Mitte des Jahres die zwei Prozent-Marke wieder unterschreitet“. Es sei jedoch entscheidend, dass die EZB „die Zinswende mittelfristig im Blick behält und verfolgt“.
Brzeski forderte zudem ein gezieltes Vorgehen der Politik. „Die hohen Energiepreise gehen vor allem zulasten der Haushalte mit niedrigen Einkommen“. Die Bundesregierung sollte daher über Kompensationsmöglichkeiten wie Steuererleichterungen oder Energie-Schecks nachdenken. In anderen Ländern geschehe dies bereits. Klar sei: „Menschen mit kleinem Einkommen dürfen nicht unter den gestiegenen Energiepreisen leiden“.