home Wirtschaft Strompreis könnte 2023 auf 500 Euro pro Megawattstunde steigen

Strompreis könnte 2023 auf 500 Euro pro Megawattstunde steigen

Ein dauerhafter russischer Gaslieferstopp würde nach Einschätzung des Schweizer Beratungsinstituts Prognos auch Strom in den kommenden Monaten noch einmal stark verteuern. In Modellrechnungen für die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) gehen die Prognos-Fachleute in ihrem „oberen Strompreispfad“ davon aus, dass die Großhandelspreise im Laufe des nächsten Jahres bei über 500 Euro pro Megawattstunde liegen könnten. Im Jahr 2019 lag dieser Preis noch bei 38 Euro.

50 Cent pro Kilowattstunde

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Prognos-Studie
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Die Schätzung beruht auf der Annahme, dass Russland überhaupt kein Gas mehr liefert. Der Strompreis wird unter anderem von den Gaspreisen bestimmt. Aber auch die weltweiten Preise für LNG-Gas, Steinkohle und für den Emissionshandel spielen bei den Überlegungen eine Rolle. Zudem liegt den Berechnungen die Annahme zugrunde, dass der Stromverbrauch in den kommenden Jahren weiter ansteigen wird. Dies hängt mit der zunehmenden Nutzung von Elektroautos, Wärmepumpen und auch der Produktion von Wasserstoff zusammen. Fünfhundert Euro pro Megawattstunde würden einem Kilowattstundenpreis von 50 Cent entsprechen. Die Prognos-Schätzungen beziehen sich auf den Großhandel. Als Endverbraucher zahlen viele Privatkunden derzeit noch unter 30 Cent/kWh.

Für den „mittleren Strompreispfad“ gehen die Autoren davon aus, dass Russland in reduziertem Umfang weiter Gas an Deutschland verkauft. In diesem Fall rechnen sie damit, dass die Strom-Großhandelspreise 2023 bei etwa 189 Euro liegen würden, nicht wesentlich höher als derzeit. Sollte Russland die Gaslieferungen in vollem Umfang wieder aufnehmen, könnten die Preise laut Prognos im „unteren Strompreispfad“ im nächsten Jahr auf gut 100 Euro pro Megawattstunde sinken. Die Autoren weisen darauf hin, dass die Entwicklung der Strompreise bis Mitte des Jahrzehnts sehr unsicher sei.

vbw: Preismechanismus ändern und Stromsteuer senken

Verbraucher müssen sich also langfristig von den bisherigen günstigen Strompreisen verabschieden. Bis 2027/28 erwarten die Prognos-Berater zwar wieder deutlich sinkende Strompreise. In allen drei Szenarien gehen sie jedoch davon aus, dass Strom dauerhaft teurer bleiben wird als vor der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg. Beim Gas sieht es nicht anders aus. Nach Angaben des Verbraucherportals Verivox zahlt eine vierköpfige Familie mit einem Durchschnittsverbrauch von 20.000 Kilowattstunden aktuell 37,3 Cent/kWh. Gas- und Strompreise hängen zusammen, weil Erdgas auch in Kraftwerken für die Stromproduktion verwendet wird. Ist Gas knapp, schlägt das auf die Strompreise durch, außerdem ist auch Kohle teurer geworden.

„Strom ist für deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich einfach zu teuer“, sagte Bertram Brossardt, der Hauptgeschäftsführer der vbw. „Die hohen Strompreise sind enorme zusätzliche Belastungen für die Unternehmen“. Der 62-Jährige will eine schnelle Abhilfe von der Bundesregierung, darunter eine vorübergehende Änderung des Preismechanismus am Strommarkt. Bisher richtet sich dieser nach den Grenzkosten. Dies sind die Produktionskosten des teuersten Kraftwerks. Brossardt forderte außerdem eine Senkung der Stromsteuer auf das nach Europarecht niedrigstmögliche Niveau.