home Politik, Wirtschaft Wirecard: Ex-Chef Markus Braun gegen Millionenkaution aus Untersuchungshaft entlassen

Wirecard: Ex-Chef Markus Braun gegen Millionenkaution aus Untersuchungshaft entlassen

Im Milliarden-Skandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard ist der unter Manipulationsverdacht stehende ehemalige Vorstandschef Markus Braun gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von fünf Millionen Euro wieder auf freiem Fuß. Nachdem sich der Manager gestern freiwillig der Polizei gestellt hatte, setze das Amtsgericht den München den Haftbefehl gegen die Geldauflage und eine wöchentliche Meldepflicht bei der Polizei außer Vollzug. Neben Marktmanipulation werden Braun auch „unrichtige Angaben“ in den Wirecard-Bilanzen vorgeworfen.

1,9 Milliarden Euro offenbar nie existent

INFO-BOX:
Wirecard
Wirecard wurde 1999 gegründet und bot Lösungen für den elektronischen Zahlungs-verkehr, das Risikomanage-ment sowie die Herausgabe und Akzeptanz von Kreditkarten an. Die Tochtergesellschaft Wirecard Bank verfügte seit 2006 über eine deutsche Banklizenz. Seit 2002 war Markus Braun CEO und CTO der Wirecard AG. 2006 wurde das Unternehmen in den TecDAX und im September 2018 in den DAX aufgenommen. Seit 2015 bot Wirecard die mobile App „boon.“ für Bezahlvorgänge an, die kontaktloses Bezahlen per NFC-Technik ermöglicht.
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Der Österreicher war am Vorabend freiwillig aus Wien nach München gereist. Mutmaßlich hatte er erfahren, dass ihn die Staatsanwaltschaft München per Haftbefehl suchen ließ. Braun war am Freitag im Skandal um fehlende 1,9 Milliarden Euro in der Wirecard-Bilanz von seinen Posten als Vorstandsvorsitzender und Technischer Direktor zurückgetreten. Diese hatte er seit 2002 inne. Die Ermittler werfen Braun vor, die Bilanzsumme sowie die Umsätze seines Unternehmens durch vorgetäuschte Einnahmen aufgebläht zu haben. „Er hat im ersten Gespräch seine Mitarbeit zugesagt“, teilte die Sprecherin der Ermittlungsbehörde, Oberstaatsanwältin Anne Leiding, am Dienstag mit. Offen ist bislang allerdings, ob sich Braun selbst zu den Vorwürfen inhaltlich geäußert hat. Neben den bereits angesprochenen „unrichtigen Angaben“ in Bilanzen und dem Vorwurf der Marktmanipulation kommen noch weitere Straftaten in Betracht. „Wir führen unsere Ermittlungen ergebnisoffen“, so Leiding.

Zu Beginn der Woche hatte das Unternehmen einräumen müssen, dass 1,9 Milliarden Euro, die auf Treuhandkonten in Südostasien verbucht waren, sehr wahrscheinlich gar nicht existieren. Im Zentrum des Skandals stehen der ehemalige Wirecard-Finanzchef in Südostasien sowie ein ehemaliger Treuhänder. Dieser betreute das mutmaßlich zum Großteil überhaupt nicht existente Geschäft mit Drittfirmen. Die Ermittler gehen jedoch davon aus, dass es in der deutschen Unternehmenszentrale in Aschheim bei München Mitwisser bzw. Mittäter gab. Neben dem Rücktritt Brauns musste so auch seine rechte Hand Jan Marsalek seinen Posten räumen. Dieser hatte bei Wirecard das Tagesgeschäft geleitet. Die Verhaftung Brauns sorgte an der Börse nicht für erneute Unruhe, nachdem die Wirecard-Aktie nach Bekanntwerden des Skandals von mehr als 100 auf unter 20 Euro abgestürzt war. Weitere Festnahmen im Zuge des Skandals sind allerdings nicht ausgeschlossen. Einen Haftbefehl gegen Marsalek wollte Oberstaatsanwältin Leiding „weder bestätigen noch dementieren“.

Altmaier: Schaden für den Wirtschaftsstandort Deutschland

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warnte indes vor einem Imageverlust für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Zudem forderte er eine rasche Aufklärung des Bilanzskandals bei Wirecard. „Wirecard ist verpflichtet aufzuklären und etwaige Missstände abzustellen“, so der Minister gegenüber dem Nachrichtenportal T-Online. „Es muss ermittelt werden, wie es dazu kommen konnte, dass sich offenbar Milliardenbeträge in Luft aufgelöst haben oder möglicherweise nie da waren“. Zudem müssten die Ermittler herausfinden, ob die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen eingehalten wurden, oder „ob jemand dafür auch juristisch zur Rechenschaft gezogen werden muss“. Der Vorgang sei „alles andere als banal“. Man dürfe nicht zulassen, dass „einzelne Firmen das Ansehen einer ganzen Branche zerstören und damit dem Land Schaden zufügen“.